Dr. Rosenkranz
- Bild: Dr. Rosenkranz
Am 5. Oktober feierte der Imkerverein Vilseck sein 125-jähriges Jubiläum und richtete aus diesem Anlass den Oberpfälzer Imkertag aus. Höhepunkt des Tages war der Festvortrag von Dr. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. Spannend, engagiert und launig beleuchtete er die Frage:
Hat die Imkerei in Deutschland noch eine Zukunft?
Nie zuvor, so Dr. Rosenkranz, habe sich die deutsche Presselandschaft derart für die Bienen interessiert. Die WELT, der SPIEGEL, sogar die BILD, beschäftigten sich mit der Bedrohung durch Gen-Mais, mit den rätselhaften Bienenschäden im Rheintal im Frühjahr 2008 oder dem Bienensterben in den USA. Und es werde schon vom Ende der Imkerei in Deutschland gesprochen. Doch Dr. Rosenkranz sieht sehr wohl eine Zukunft für die deutschen Imker.
Viele Probleme der Imker seien nicht neu. Klagen über Nachwuchsmangel, neue Krankheiten und Schädlinge, die Intensivierung der Landwirtschaft, Preisdruck beim Honig waren schon immer Themen in der Imkerpresse.
Auch den Schadensfall im Rheintal, das größte bisher dokumentierte Bienensterben haben die Imker mit Unterstützung ihrer Organisationen und der Aufklärungsarbeit der wissenschaftlichen Institute gemeistert.
Selbst die dramatischen Völkerzusammenbrüche in den USA hätten die Imkerei dort nicht ruiniert. Zudem seien die Verhältnisse der amerikanischen Berufsimkereien mit 1.000 bis 5.000 Völker auf Deutschland mit seinen überwiegend kleinen Freizeitimkereien nicht übertragbar. Einzig zu vergleichen ist die Schwierigkeit bei der Aufklärung der Ursachen des Bienensterbens.
Das Forschungsprojekt Deutsches Bienenmonitoring brachte als Ergebnis, dass die Hauptursache für die Winterverluste die Varroamilbe im Verbund mit Bienenviren ist. Es wurde aber auch festgestellt, dass die Völkerverluste der am Monitoring beteiligten Imker nur halb so hoch waren wie beim Durchschnitt der Imker. Dies sei wohl auf das bessere Wissen und größere Engagement der beteiligten Imker zurück zu führen. Der einzelne Imker beeinflusse also durch sein Handeln ganz entscheidend die Verluste. Denn es gibt gegen diesen Schädling mittlerweile effektive Bekämpfungsmethoden.
Andere Schädlinge, die sich gerade rasant über ganz Europa verbreiten, bringen neue Probleme. Als Beispiel nannte Dr. Rosenkranz Nosema ceranae, die ursprünglich nur in Asien vorkam, und die heimische Nosema weitestgehend verdränge.
Zu befürchten sei auch, dass sich schon bald auch der kleine Beutenkäfer über die einheimischen Bienen hermacht. Auch wenn es vorerst dagegen noch keine Bekämpfungsmittel gibt - die Erprobung neuer Stoffe und Methoden erfordere Geld, Zeit und Bienen - werde dies nicht das Ende der Imkerei sein, machte Dr. Rosenkranz den Imkern Mut.
Als weitere große Probleme sah er die Intensivierung der Landbewirtschaftung und die Verwendung gentechnisch veränderten Saatguts. Der Trend zu Monokulturen und der Rückgang extensiver Bewirtschaftungsformen und Stilllegungen nehme den Bienen die ganzjährige ausgewogene Nahrungsgrundlage.
Landwirte, Verbraucher und Imker lehnten die grüne Gentechnik ab. Für die Imker werde sich ein Vermarktungsproblem ergeben, da der Kunde keinen Honig mit verändertem Erbgut akzeptiere. Dazu bedürfe es noch intensiver Diskussion zur Problemlösung.
Auch der Honigabsatz und Honigpreis sei ein entscheidender Faktor für die Imker.
Der deutsche Honigmarkt werde stark durch die Globalisierung beeinflusst, weil Deutschland 70 Prozent seines Honigverbrauchs importiere. Die Honigernten in den großen Exportländern verursachten erhebliche Preisschwankungen. Langfristig bleibe aber der Preisdruck durch Importe bestehen.
Bienen zu halten werde schwerer, aber die Imker würden das durchstehen, schloss Dr. Rosenkranz seinen Überblick über die Problemfelder.
Ermutigende Zeichen
- Bild: Dr. Rosenkranz -Tag der offenen Tür in Hohenheim
Die Imkerei habe noch immer Nachwuchsprobleme. Aber während in ländlichen Gegenden die Zahl der Imker weiter abnehme, bemerkt Dr. Rosenkranz in städtischen Regionen ein deutlich zunehmendes Interesse an der Imkerei. Seine Einführungskurse seien überfüllt, obwohl die Kurse nicht kostenlos seien. Vor allem jüngere Frauen stellten mittlerweile die Mehrheit der Teilnehmer.
Er sehe darin eher ein Struktur- als ein Rekrutierungsproblem. Allerdings sei die weitere Betreuung oft nur unzureichend, da den Imkerpaten meist die Zeit für intensiven Kontakt fehle. Der Anfänger brauche aber eine kontinuierliche und mehrjährige Unterstützung.
Die Anreize, mit der Imkerei zu beginnen, seien vielfältig. Oft sei es das grundsätzlich ökologische Engagement, manchmal die Hoffnung auf finanziellen Ertrag. Größter Trumpf für eine längerfristige Bindung der Jungimker sei aber die „Faszination Biene“.
- Bild: Dr. Rosenkranz - Faszination Bienenschwarm
Zum Schluss gab Rosenkranz noch einen Einblick in das hohe abstrakte Denkvermögen der Bienen. Er beschrieb, wie Arbeiterinnen in Ausnahmesituationen flexibel ihre angestammten Aufgaben verlassen und sich das Volk neu organisiere. Die Königin habe darauf praktisch keinen Einfluss.
Weil die Königin von vielen Drohnen begattet werde, kämen viele unterschiedliche Erbfaktoren in das Volk, und das mache das Volk langfristig weniger anfällig. „Unvorstellbar, wenn das in großen Unternehmen auch so funktionieren würde“, begeisterte Dr. Rosenkranz. Wie sich das in einem großen Unternehmen aber praktisch und moralisch einwandfrei umsetzen ließe – da habe er noch keine Lösung.
Bericht erstellt: Richard Schecklmann, Johann Schön